SchnelligChronik zum 125-jährigen Jubiläum des Löschzugs Schweicheln-Bermbeck (Teil 3)

Schweicheln-Bermbeck. Am 8. Mai 1945 endete der 2. Weltkrieg in Europa. Er forderte weltweit 60 Millionen Tote und hinterließ Elend und Zerstörung. Auch einige der besten Kameraden der Feuerwehr Schweicheln-Bermbeck kehrten nicht aus dem Krieg zurück. Viele Städte lagen in Schutt und Asche. Es fehlte an Lebensmitteln und Kleidung; das Überlebensnotwendige konnte nur auf dem Schwarzmarkt „organisiert werden“.

Vielerorts  verkehrten Trümmerbahnen auf provisorisch verlegten Schienen, mit deren Hilfe der Schutt beiseite geräumt wurde. Nach dem Willen der alliierten Besatzungsmächte hatten sich alle Frauen zwischen 15 und 50 Jahren für diese Arbeiten zu melden. Bis heute gelten die Trümmerfrauen als Sinnbild für den Wiederaufbau. 1948 war es soweit: Die Deutsche Mark löste in den westlichen Besatzungszonen die inzwischen wertlos gewordene Reichsmark ab.

Mit der Währungsreform verbesserte sich die Versorgungslage und die Wirtschaft kam langsam in Schwung. Die Menschen formten mit hochgekrempelten Ärmeln ein neues Land. Der nun folgende 3. Teil der Chronik zum 125-jährigen Jubiläum des Löschzugs Schweicheln-Bermbeck berichtet über die Feuerwehr-Ereignisse aus jener Zeit. Als „M.G. Fire“ startete die erste Mannschaft der Nachkriegszeit, deren Leitung Brandmeister August Horstkotte übernahm.    

Mit der Kapitulation der deutschen Streitkräfte ließen die Pflichtfeuerwehrleute ihre Tätigkeit ruhen. Die britische Militärregierung ordnete allerdings überall an, dass der Übungsdienst sofort wieder aufzunehmen sei, um den Brandschutz sicherzustellen. Daraufhin fand im Herbst 1945 eine Versammlung mit dem Bürgermeister statt, um über den Neuanfang der Feuerwehr Schweicheln-Bermbeck zu beratschlagen. Nach einer regen Aussprache erklärte sich ein Dutzend Männer entschlossen, den Brand- und Katastrophenschutz für die Allgemeinheit freiwillig und uneigennützig zu übernehmen und damit an alte Stärken und Tugenden anzuknüpfen. Einige von ihnen waren zuvor bereits in der Jugendgruppe aktiv. Das Löschgruppenfahrzeug 15-TS hatte den Krieg unbeschadet überstanden, sodass sich die neuformierte Mannschaft unter Leitung von Brandmeister August Horstkotte zügig ans Werk machte. Die Feuerwehrleute der unmittelbaren Nachkriegszeit hatten auf Anordnung der Militärregierung am linken Arm eine weiße Binde mit der Aufschrift „M.G. Fire – M.R. Feuer“ (Military Goverment Fire - Militärregierung Feuer) zu tragen.

Trmmerfrauen Bundesarchiv

Nach dem Krieg sind viele Städte zerstört. Die Trümmerfrauen werden zum Sinnbild des Wiederaufbaus. (Foto: Bundesarchiv)

Mannschaft Brandmeister Horstkotte 1950er

Nachkriegs-Mannschaft der Wehr Schweicheln-Bermbeck  unter Leitung von Brandmeister August Horstkotte (2. v.l.)  

(Foto: Archiv Löschzug Schweicheln-Bermbeck)

Das große Hochwasser.

Im Februar 1946 stand die Wehr vor ihrer ersten Bewährungsprobe. Bereits Anfang des Monats hatten lang anhaltende Regenfälle eingesetzt. Das Erdreich konnte die Wassermassen nicht mehr aufsaugen. Viele Waldungen waren außerdem wegen Kohlemangel zu Brennholz verarbeitet worden und ließen das Wasser schnell in die Flüsse abfließen. Am 9. Februar 1946 war der Pegel der Werre bis an die Hauptstraße gestiegen und hatte die dortigen Siedlungen überschwemmt. Als die ungeheure Macht des Wassers die Hindenburgstraße auf einer Länge von rund 20 Metern durchbrach und es endlich aufhörte zu regnen, begann sich die Situation allmählich zu entspannen. Die Feuerwehrleute pumpten im Verlaufe der nächsten drei Tage mit dem Löschgruppenfahrzeug und der Tragkraftspritze unzählige Keller leer. Die Wehren Eilshausen und Elverdissen unterstützten  sie dabei. Probleme bereiteten Kartoffeln, Kohlestücke und Unrat, die sich immer wieder vor die Siebe der Saugleitungen setzten und diese verstopften.

Lbberstr 1946 Kommunalarchiv

Vom 28. Januar bis 26. Februar 1946 regnet es im Landkreis Herford fast durchgängig.

Werre und Aa treten schnell über die Ufer und verursachen schlimme Überschwemmungen. In der Lübberstraße in Herford (Foto)

sind Lastwagen der britischen Militärregierung unterwegs. (Foto: Kommunalarchiv Herford)

Hansabrcke 1946 Geschichtsverein

Die Herforder Hansabrücke, über die zu jener Zeit noch die Gleise der Kleinbahn verlaufen,

hält dem Druck der Werreflut nicht stand und stürzt ein. (Foto: Verein für Herforder Geschichte e.V./ Kommunalarchiv Herford)

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Wer genau hinschaut, der kann von der neuen Hansabrücke aus noch Spuren jener Zeit entdecken. (Foto: Jens Vogelsang)

 

Die britische Besatzungsmacht gründete am 23. August 1946 das Land Nordrhein-Westfalen. Es entstand aus der preußischen Provinz Westfalen und dem Nordteil der preußischen Rheinprovinz. Ein Jahr später kam das Land Lippe hinzu.  

In Lichtenau bei Paderborn brannte eine riesige Heide- und Moorfläche. Die Feuerwehr Schweicheln-Bermbeck zählte zu den auswärtigen Einheiten, die zur Verstärkung angerückt waren. Glücklicherweise drehte der Wind, sodass die Flammen nicht auf den anliegenden Hochwald übergriffen.

Kreissieger in der A-Klasse

Im Jahr 1948 wurde in der britischen Zone ein Schnelligkeitswettbewerb der Freiwilligen Feuerwehren ins Leben gerufen, der als Vorläufer des Leistungsnachweises gilt. Er fand damals bereits nach festen Richtlinien statt und sollte das Interesse der Jugend am Feuerwehrdienst wecken. Die Wehren des Amtes Herford-Hiddenhausen trugen ihren Vergleichswettkampf in Bustedt aus. Dabei überzeugte die Mannschaft Schweicheln-Bermbeck, die in der A-Klasse (LF 15-TS) den ersten Platz belegte. Am 12. September 1948 traten in Ennigloh die Amtssieger aus dem Landkreis Herford gegeneinander an. Auch diesen Wettbewerb konnte die Wehr Schweicheln-Bermbeck in der A-Klasse für sich entscheiden und wurde daraufhin zum ersten Kreissieger gekürt. Vierzehn Tage später folgte noch der Schnelligkeitswettbewerb auf Bezirksebene, den die Kreisbesten aus der Region in Bünde austrugen. Bezirkssieger wurde schließlich die Wehr Bad Salzuflen, während die Wehrleute aus Schweicheln und Bermbeck  den 3. Platz erreichten. 1950 wiederholten sie ihren Erfolg auf Amtsebene und wurden mit dem 1949 gestifteten Amtswanderpokal ausgezeichnet. Den Kreiswettbewerb entschied dann allerdings die Mannschaft Löhne-Bahnhof für sich, während die Mannschaft Schweicheln-Bermbeck knapp dahinter auf Platz 2. landete. „Uns wurden zwei Strafpunkte angerechnet, die nicht gerechtfertigt waren“, schrieb Brandmeister August Horstkotte im Jahresbericht 1950.

Schnellig 

Schnelligkeitswettbewerb des Amtes Herford-Hiddenhausen im Jahr 1949. Gerade ist die  Wehr Schweicheln-Bermbeck

mit dem Löschgruppenfahrzeug (Opel-Blitz/Koebe) am Start, das  noch immer gute Dienste leistet. (Foto: Archiv Löschzug Schweicheln-Bermbeck)

 

Die Aufbaujahre.

Aus den westlichen Besatzungszonen war mit dem Inkrafttreten des Grundgesetzes am 23. Mai 1949 die Bundesrepublik Deutschland entstanden. Während die großen Gebietsreformen noch einige Jahre auf sich warten ließen, gab es in Schweicheln und Bermbeck gewissermaßen schon eine kleine Gebietsreform: Beide Dörfer schlossen sich 1950 zur Gemeinde Schweicheln-Bermbeck zusammen.   

Das Land erholte sich langsam von den Folgen des 2. Weltkriegs. Ende 1951 zählte das Amt Herford-Hiddenhausen bereits 26.671 Einwohner. Es gab 1.343 Gewerbebetriebe, die 6.715 Menschen beschäftigten und 899 landwirtschaftliche Betriebe. Um den Brandschutz auch weiterhin sicherzustellen, erhielt die Wehr Schweicheln-Bermbeck ein neues Tanklöschfahrzeug 15 (TLF 15). Amtsdirektor Becker und Amtsbürgermeister Schwerdtfeger übergaben das Feuerwehrauto während der Jahreshauptversammlung, die im Februar 1952 in der Gaststätte Stille Falkendiek stattfand, seiner Bestimmung. Die Feuerwehrleute demonstrierten im Anschluss die moderne Fahrzeugtechnik. Sie pumpten das Löschwasser aus der Werre und förderten es anschließend über lange Wegstrecke über Siekmanns Hof zum Lokal Stille. Die Wehren Diebrock und Elverdissen beteiligten sich an der Übung. Mit zufriedener Miene verfolgten die Gäste, zu denen Bezirksbrandmeister Schuster, Kreisbrandmeister Ehrler und Hauptbrandmeister Ulrich von der Feuerwehr Bielefeld zählten, das Geschehen. 

 

 

 

 

TLF15

Tanklöschfahrzeug 15 (Magirus, Ulm/Donau)

Im Februar 1952 wurde die Wehr Schweicheln-Bermbeck mit einem neuen Tanklöschfahrzeug 15 (TLF 15) der Marke Magirus-Deutz ausgerüstet. Das Auto vom Typ S 3500 (3,5 Tonnen Nutzlast) in Omnibusbauform wurde von einem luftgekühlten Vierzylinder-Dieselmotor von Klöckner-Humboldt-Deutz angetrieben, der über 90 PS verfügte. Die Pumpe, eine FP 15/8, leistete 1.500 Liter pro Minute bei acht Bar Ausgangsdruck. Ein Wassertank, der 2.400 Liter fasste, sicherte die Löschmittelversorgung für den Erstangriff. Die im Tank des Fahrzeugs ebenfalls mitgeführten Schaum- und Netzmittel konnten dem Löschwasser durch eine besondere Schaltung zugemischt werden. Zur Ausrüstung zählten weiterhin moderne Sprühstrahlrohre, mit denen eine große  Löschwirkung erzielt werden konnte, während der Wasserschaden relativ gering blieb. Eine Gruppe von neun Feuerwehrleuten bildete die Besatzung des TLF 15. Den bundeseinheitlichen Feuerwehr-Notruf „112“ gab es damals noch nicht. In der Tagespresse wurde die Bevölkerung deshalb darauf hingewiesen, dass die Löschgruppe, die das Tanklöschfahrzeug betreue, unter der Telefon-Nr. 3374 (Gastwirt Generotzky, Schweicheln-Bermbeck) zu erreichen sei. (Foto: Archiv Löschzug Schweicheln-Bermbeck)

 

 

 

    

Im Sommer 1953 veranstaltete die Vereinigung zur Förderung des Deutschen Brandschutzes (vfdb) die erste Ausstellung für den Brandschutz und das Rettungswesen seit Kriegsende. Der „Rote Hahn“ in Essen gilt als Vorläufer der Interschutz-Messe. Das Interesse war damals schon riesengroß. 13 Kameraden der Wehr Schweicheln-Bermbeck zählten zu den rund 75.000 Besuchern. Brandmeister August Horstkotte berichtete von den Schauübungen der Berufsfeuerwehr Essen, einer Rettungsmannschaft für Grubenbrandbekämpfung sowie einer Gruppe aus den Vereinigten Staaten, die einen Ölbrand mit Wasser und Schaum gelöscht habe. Am Nachmittag standen noch eine Dampferfahrt auf dem Baldeneysee und die Besichtigung des ehemaligen Wohn- und Repräsentationshauses der Industriellenfamilie Krupp, der Villa Hügel (269 Räume, 8.100 Quadratmeter Wohn- und Nutzfläche), auf dem Programm.

Roter Hahn 1953 Deutsche Messe AG

Der „Rote Hahn“ gilt als Vorläufer der Interschutz-Messe. Die erste Ausstellung findet 1953 in Essen statt

und die Aktiven der Wehr Schweicheln-Bermbeck zählen zu den Besuchern. (Abb.: Interschutz / Deutsche Messe AG)

Baldeneysee Essen Michael Flickr

Eine Dampferfahrt auf dem Baldeneysee und … (Foto: Michael, Flickr)

Villa Hgel Essen Michael Flickr

… die Besichtigung der Villa Hügel stehen in Essen ebenfalls auf dem Programm.
(Foto: Michael, Flickr)

 
Das Amts-Feuerwehrverbandsfest 1954 fand in Schweicheln-Bermbeck statt. In den Monaten zuvor war das Gerätehaus der Wehr für 30.000 DM umgebaut worden. Jetzt erfolgte die  feierliche Einweihung durch Amtsdirektor Becker und Bürgermeister Lütkenhöner. Dann ertönte die Sirene: Aus einer auf dem Sportplatz nachgebauten Tankstelle drang dichter Rauch. Die Altersabteilung leitete mit einer historischen, pferdegezogenen Handdruckspritze die ersten Löschmaßnahmen ein. Kurz darauf rückten nacheinander die Löschgruppen Eilshausen, Elverdissen und Schweicheln-Bermbeck an, um die Brandbekämpfung mit modernem Löschgerät zu übernehmen.   Amtsbrandmeister Meyer kommentierte die Übung, zu der hunderte Zuschauer gekommen waren, per Lautsprecher. Am Abend spielte die Kapelle Baule aus Lemgo zum Tanz auf.

Gertehaus Umbau 1954

Das Gerätehaus ist für 30.000 DM (rd. 15.000 Euro) umgebaut worden. Anlässlich des Amts-Feuerwehrverbandsfestes im Jahr 1954

findet die Einweihung statt und die Begeisterung der Menschen ist damals noch unbeschreiblich groß. (Foto: Archiv Löschzug Schweicheln-Bermbeck)

Amts Verbandsfest 1954

 Der Festumzug führt vom Gerätehaus an der Herforder Straße (im Hintergrund) über die heutige Bundesstraße 239

zum Sportplatz (Foto: Archiv Löschzug Schweicheln-Bermbeck)

Feuerwehrmann von einstürzender Giebelwand erschlagen

In den 1950er Jahren war die Region noch landwirtschaftlich geprägt. Schlug der „rote Hahn“ zu, brannte also ein Bauernhaus oder eine Scheune, heulten im Amtsbezirk die Sirenen, um die Löschgruppen zusammenzurufen. Ein tragisches Unglück überschattete den Großbrand auf Hof Gieseler in Lippinghausen am 5. August 1955. Etwa 25 Minuten nach Beginn der Löscharbeiten stürzte der vordere Giebel ein und begrub den Kameraden Karl Schweppe, Brandmeister bei der Feuerwehr Herford, unter sich. Er konnte nur noch tot aus den Trümmern geborgen werden. Zwei weitere Kameraden wurden schwer verletzt.

Im November 1958 war unter der Autobahn 2 bei Bielefeld ein Hauptwasserrohr geplatzt. Etwa 30 Tanklöschfahrzeuge, darunter die Einheit aus Schweicheln-Bermbeck, rückten an, um die von der Leckage betroffenen Stadtteile mit Wasser zu versorgen. Zu einem weiteren tragischen Unfall kam es am frühen Morgen des 27. August 1959. Als der Nachtwächter der Möbelwerke Beka in Sundern gegen 4.30 Uhr den Kessel mit Schleifmehl heizen wollte, entwickelte sich plötzlich eine Stichflamme, die ihm tödliche Verletzungen zufügte und zum Brand des Kesselhauses führte. Anfang Dezember 1959 stand das große Wirtschaftsgebäude von Bauer Schwagmeier in Schweicheln in Flammen. Nur vier Wochen später brannte der Bauernhof des Kameraden Heinrich Schwarze („Schweicheln Nr. 51“). Die Wehren Schweicheln-Bermbeck, Eilshausen, Elverdissen, Diebrock und Herford löschten beide Großbrände gemeinschaftlich.

                                                                                                                                                    -Vo-

Hinweis:

Teil 4 der Chronik berichtet unter anderem über die Feuerwehr-Ereignisse während der Wirtschaftswunderjahre, die Auflösung des Feuerlöschverbandes und die Entstehung der Feuerwehr Hiddenhausen nach der kommunalen Gebietsreform zum 1. Januar 1969. Die Zeitreise führt weiter durch die „wilden“ 1970er Jahre. So zählten ein Damenfußfallturnier und die Wahl der „Miss Hotpants“ zum Festprogramm anlässlich des 75-jährigen Bestehens der Löschgruppe Schweicheln-Bermbeck im Jahr 1971.