Feuerwehr und Rettungsdienst üben gemeinsam im Schweichelner Wald

20240709 203052Hiddenhausen. Feuerwehr und Rettungsdienst waren am vergangenen Dienstag (9.07.2024) im Schweichelner Wald im Einsatz. Die Einsatzkräfte aus Hiddenhausen und Herford versorgten drei „Arbeiterinnen“, die sich bei Waldarbeiten „schwere Verletzungen“ zugezogen hatten. Glücklicherweise handelte es sich nur um eine Übung. Lea Rahn, Lena Vogt, Anton Mathy, Faye Mittelberg, Tim Henke und Peer Steinhard übernahmen die medizinische Erstversorgung der „Unfallopfer“. Sie absolvieren zurzeit ihre Berufsausbildung zum Notfallsanitäter bzw. zur Notfallsanitäterin und standen deshalb im Blickpunkt ihrer Ausbilder.

Gegen 19.30 Uhr sind die drei Waldarbeiterinnen damit beschäftigt Baustämme mit einer Kettensäge zu zerkleinern, so die angenommene Lage. Sie sind unvorsichtig, tragen weder Schnittschutzhosen noch Helme und Handschuhe. Dann kommt es aus ungeklärter Ursache gleich zu drei schweren Arbeitsunfällen. Zwei Frauen seien nun unter Baumstämmen eingeklemmt, erläutert Torge Brüning, Leiter des Löschzugs Schweicheln-Bermbeck. „Eine weitere Forstarbeiterin hat sich bei Arbeiten mit der Kettensäge eine tiefe Schnittwunde zugezogen.“ Finja Höfer, Maxine Lindemann und Marleen Bitter vom Rettungsdienst der Feuerwehr Herford übernehmen die Statistenrollen. Ihre Verletzungen aus Theaterschminke und Kunstblut wirken so realistisch, dass Spaziergänger erschrocken stehen bleiben.

Eine „Forstarbeiterin“ liegt eingeklemmt unter einem Baumstamm.

 

20240709 202020Zwei angehende Notfallsanitäterinnen kümmern sich um die medizinische Erstversorgung der jungen Frau,
während die Feuerwehrleute die technische Rettung vorbereiten.

 

Prioritäten setzen   

Von alledem ahnen die Einsatzkräfte, die sich am Gerätehaus an der Bahnhofstraße versammelt haben, zu diesem Zeitpunkt noch nichts. Als der Alarmdruck eintrifft, steigt die Spannung. Die Anruferin habe vor Schmerzen geschrien. Sie sei deshalb nur schwer zu verstehen gewesen, ist zu lesen. Die Feuerwehrleute des Löschzugs Schweicheln-Bermbeck besetzen sofort zwei Hilfeleistungslöschfahrzeuge und rücken aus. Eine spezielle „Waldbrandkarte“, in der alle befahrbaren Wege verzeichnet sind, dient als Orientierungshilfe. An der Einsatzstelle, sie liegt am Wanderweg A 2 mitten im Wald, verschaffen sich Gruppenführer Drees Beckmann und seine Leute einen ersten Überblick, um anschließend Erste-Hilfe-Maßnahmen einzuleiten.  Schnell ist klar: Es gibt drei Schwerverletzte.  Kurze Zeit später bekommen die Feuerwehrleute Hilfe. Der Rettungsdienst Herford trifft nach und nach mit drei Rettungswagen ein. Die angehenden Notfallsanitäter/innen untersuchen die Patientinnen. Sie wenden dabei das ABCDE-Schema an. „Wir müssen dabei nach Schweregrad der Verletzungen Prioritäten setzen“, sagt Azubi Tim Henke. Die Lehrlinge überprüfen deshalb zunächst die Atemwege (A wie Airway), Atemfrequenz (B wie Breathing) und den Kreislauf (C wie Circulation).

Medizinische Erstversorgung und technische Rettung

Eine der Forstarbeiterinnen hat es besonders schwer getroffen. Auf ihrem Brustkorb liegt ein  Baumstamm – simuliert durch eine Nachbildung aus Pappe. Sie hat Probleme mit der Atmung und ist nicht mehr bei vollem Bewusstsein. Lea Rahn (22) und Lena Vogt (23) leiten die  Erstversorgung ein. Sie führen unter anderem einen Eingriff durch, damit sich die Lunge der Verletzten wieder entfalten kann. Patrick Menzel, Praxisanleiter im Rettungsdienst, ist zufrieden: „Das war noch gar nicht Thema im Unterricht!“ Die Feuerwehrleute haben zwischenzeitlich den Baumstamm mit einem hydraulischen Spreizer um wenige Zentimeter angehoben. Mit vereinten Kräften gelingt es, die Patientin zunächst auf einer Schaufel- und danach auf einer Vakuummatratze zu lagern.

Nur wenige Meter entfernt schienen Anton Mathy (21) und Faye Mittelberg (23) die gebrochenen Unterschenkel ihrer Patientin. Zuvor haben die Ehrenamtlichen vom Löschzug eine Brechstange eingesetzt, um die Frau zu befreien. Tim Henke (22) und Peer Steinhard (21) sind abseits des Waldwegs im Einsatz. Sie stoppen die schwere Blutung von „Patientin Nummer 3“ mit einem speziellen Abbinde-System (Tourniquet).  Feuerwehrleute tragen die Verletzte anschließend auf einem Tragetuch aus dem unwegsamen Gelände.       

Vor einem solch anspruchsvollen Übungsszenario standen die angehenden Notfallsanitäter zum ersten Mal. „Ihr habt die Lage professionell abgearbeitet“, meint Übungsleiter Torge Brüning. Außerdem habe die Zusammenarbeit mit der Feuerwehr reibungslos funktioniert. Erst im vergangenen Monat waren der Löschzug Schweicheln-Bermbeck und der Rettungsdienst Herford zu einem Realeinsatz im Schweichelner Wald ausgerückt. Sie versorgten einen Radfahrer, der auf einem abschüssigen Weg schwer gestürzt war.

                                                                                                                          Von Jens Vogelsang

                                                                                                                          (Text u. Fotos)

Stichwort: Notfallsanitäter

Notfallsanitäter verfügen über die „höchste nichtärztliche Qualifikation im Rettungsdienst“. Sie sind darauf vorbereitet, schwere Erkrankungen und Verletzungen eigenständig zu behandeln und dürfen dabei auch bestimmte Notfallmedikamente eigenverantwortlich verabreichen. Die dreijährige Ausbildung ist umfangreich, anspruchsvoll, aber auch abwechslungsreich. Der theoretische Teil findet am Studieninstitut Westfalen-Lippe in Bielefeld statt, während die Praxis durch den Einsatzalltag auf der Rettungswache dazukommt. Die angehenden Notfallsanitäter absolvieren daneben ein mehrmonatiges Praktikum im Klinikum.


                                                                                                                                                   -Vo-

20240709 203052Die Statisten treffen letzte Vorbereitungen.


20240709 193417Künstliches Blut wird verteilt, um den Ernst der Lage zu unterstreichen.


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20240709 200357Feuerwehrleute vom Löschzug Schweicheln-Bermbeck sind die ersten Helfer, die vor Ort eintreffen.


20240709 200027Sie verschaffen sich zunächst einen Überblick.

20240709 200525(v.r.) Tim Henke,  Peer Steinhard (Rettungsdienst Herford) und Feuerwehrmann Felix Beckmann
kümmern sich um eine Patientin, die sich eine tiefe Schnittwunde zugezogen hat.
Praxisanleiterin Sindy Kaminski (im Hintergrund) behält alles im Blick.


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20240709 202757Auf einem Tragetuch wird die Patientin in Sicherheit gebracht.


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20240709 200654Lena Vogt (l) und Lea Rahn kümmern sich um eine schwerverletzte Frau, die Probleme mit der Atmung hat.
Praxisanleiter Patrick Menzel (r) informiert die Auszubildenden ständig über den (fiktiven) Gesundheitszustand.


20240709 202211Mit einem Beatmungsbeutel wird die Patientin manuell beatmet.


20240709 202041Mit vereinten Kräften gelingt es, die junge Frau zu befreien und auf einer Schaufeltrage zu lagern.


20240709 202522Eine Fahrtrage mit Vakuummatratze steht bereit.


20240709 201305(v.l.)  Anton Mathy und Faye Mittelberg versorgen  die Knochenbrüche ihrer Patientin, während Feuerwehrmann Maurice Schneider unterstützt.
Praxisanleiter Hendrik Geesmann (Mitte)  macht sich in der Zwischenzeit fleißig Notizen.


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20240709 205801(v.l.) Praxisanleiter Hendrik Geesmann, die Statisten Finja Höfer, Marleen Bitter und Maxine Lindemann und Praxisanleiter Florian Rabeneck.